Biopharmazeutika – auch Biologika genannt - stellen eine der modernsten Klassen von Arzneimitteln dar und bieten völlig neuartige therapeutische Möglichkeiten, um eine Reihe zuvor unheilbarer Erkrankungen wie z.B. verschiedene Arten von Krebs und Autoimmunerkrankungen zu behandeln. Die Herstellung dieser Medikamente, die mit biotechnologischen Verfahren und oftmals mit Hilfe von Gentechnik erfolgt, stellt derzeit das wachstumsstärkste Segment innerhalb der pharmazeutischen Industrie dar. Trotz des enormen Marktbedarfs können diese Medikamente jedoch bislang wegen der zum Teil sehr hohen Produktionskosten nur begrenzt hergestellt werden, da ihre Produktion oftmals auf Technologien beruht, die sich seit Jahrzehnten nicht wesentlich verändert haben und damit für eine wirtschaftliche und zukunftssichere Herstellung ungeeignet sind.
Das durch eine ZIM-Förderung unterstützte Projekt „Entwicklung einer innovativen Technologie zur optogenetischen Prozesssteuerung in der Biopharmazeutika-Produktion“ von Prof. Dr. Dagmar Wachten, geschäftsführende Direktorin am Institut für Angeborene Immunität und Leiterin der Abteilung „Biophysical Imaging“, soll daher helfen, durch ein innovatives Verfahren Biologika in deutlich höheren Mengen und in erheblich besserer Qualität herzustellen zu können. Gemeinsam mit dem Biotech-Startup Ningaloo Biosystems wird eine bio-digitale Prozesssteuerung für ein erstes voll funktionsfähiges Produktionssystem für den Labormaßstab auf Grundlage der Optogenetik entwickelt. Die Optogenetik ist eine biologische Technologie, um zelluläre Aktivität mit Licht kontrollieren zu können. Sie erlaubt deshalb auf innovative Weise eine gezielte und schnelle Kontrolle (im Millisekundenbereich) von exakt definierten Ereignissen in komplexen biologischen Systemen, also z.B. die biotechnologische Herstellung von Biologika in Zellen. Zu diesem Zweck werden mit Hilfe von Gentechnik lichtempfindliche Proteine verändert und in Zielzellen eingebracht, um die Produktion von Biologika in diesen Zellen mit Hilfe von Licht zu steuern. Diese Technologie wurde im pharmazeutischen Kontext bei der Herstellung von biologischen Arzneimitteln noch nicht genutzt. Durch das neue Kooperationsprojekt zwischen Wissenschaft und Wirtschaft soll diese nun aber weiter entwickelt und anschließend an die akademische und industrielle Forschung und Entwicklung und Hersteller von Biopharmazeutika vermarktet werden. So soll es gelingen die Optogenetik als Game Changer in die biopharmazeutische Industrie einzubringen.
„Durch die Optogenetik können molekulare Prozesse wie mit einem Lichtschalter an- und ausgeschaltet und so besser aufeinander abgestimmt werden. Mein Labor trägt zur Entwicklung der molekularen Komponenten bei, aber nur durch Beteiligung von Ningaloo Biosystems ist eine Anwendung dieser optogenetischen Werkzeuge zur Produktion von Biologika möglich“, sagt Prof. Dr. Dagmar Wachten.
Forschung und Entwicklung gemeinsam mit Unternehmen
Das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) ist ein bundesweites, technologie- und branchenoffenes Förderprogramm, welches die Innovationskraft mittelständischer Unternehmen stärken soll. Insbesondere anwendungsnahes Wissen soll durch diese Förderung auf ein anderes Niveau gehoben werden.
Die Gründer von Ningaloo Biosystems, Dr. Hanns-Martin Schmidt und Dr. Herbert Müller-Hartmann sind Molekularbiologen mit jahrzehntelanger Erfahrung in Biotechnologie, Biopharmazeutik und Produktentwicklung. Beide Gründer haben in den 2000er Jahren am Aufbau eines der erfolgreichsten Biotech-Unternehmen Deutschlands vom Beginn als Startup bis zur Aufstellung als internationales Unternehmen mitgewirkt. Diese Erfahrungen halfen ihnen bei der Gründung des eigenen Biotech-Unternehmens.
„Als Startup können wir nicht alle Aspekte dieser neuen Technologieplattform selbst erforschen. Mit den Optogenetik-Experten Professorin Dagmar Wachten und ihren Gruppenmitgliedern haben wir ideale Partner für unser Vorhaben gefunden, durch neue Technologielösungen Industriekunden zu einem nachhaltigen Geschäftsmodel zu verhelfen. Der Ausblick, damit gleichzeitig vielen Patienten weltweit neue Therapiemöglichkeiten zugänglich machen zu können, motiviert uns dabei auf beiden Seiten ungemein“, sagt Dr. Hanns-Martin Schmidt, Mitgründer und Geschäftsführer der Ningaloo Biosystems.