Einige Bakterien haben als Antwort auf Angriffe so genannter Phagen die CRISPR-Genschere entwickelt. Dieses bakterielle Immunsystem erkennt die Phagen-Erbsubstanz, zerstört diese und schützt so vor Angriffe der Viren. Die Typ-III-Varianten dieser Immunsysteme stellen beim Aufspüren von Phagen mit zyklischen Oligoadenylaten (cOAs) Botenstoffe her, mit deren Hilfe die Bakterien einen komplexen Notfallplan anschalten. Dieser sorgt dafür, dass ein Virus optimal und auf breiter Front bekämpft werden kann. Ein Forschungsteam um PD Dr Gregor Hagelueken vom Institut für Strukturbiologie am UKB, der Mitglied in dem Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ sowie im Exzellenzcluster ImmunoSensation2 der Universität Bonn ist, entdeckte, dass der von der Genschere hergestellte Botenstoff cA4 an ein Protein namens CalpL bindet. Die so aktivierte Proteinschere löst eine Signalkaskade aus, die der Zelle dabei hilft den viralen Angriff zu überstehen.
Die Bonner Forschenden hatten damit einen ganz neuen Aspekt der CRISPR-Systeme aufgedeckt, die sich sehr gut für biotechnologische und medizinische Zwecke umprogrammieren lassen. „Diese von uns entdeckte CRISPR-aktivierte Proteinschere ist ein nagelneues Werkzeug im Baukasten der Molekularbiologie“, sagt Niels Schneberger, Doktorand der Universität Bonn am Institut für Strukturbiologie am UKB, der an der Entdeckung des CalpL Proteins maßgeblich beteiligt war.
Zelluläre Erholung durch Begrenzung der antiviralen Reaktion
„Nach einem viralen Angriff ist es aber entscheidend, die verbleibenden zyklischen Oligoadenylate zu eliminieren, um die antivirale Reaktion zu beenden und die Zelle in ihren normalen Zustand zurückzuführen“, sagt Sophie Binder, die sich mit Schneberger die Erstautorenschaft der Studie teilt und ebenfalls Doktorandin der Universität Bonn am Institut für Strukturbiologie des UKB ist. Die Bonner Forschenden konnten nun in Kooperation mit Forschenden des Institut Pasteur in Paris und des Kekulé Instituts für Organische Chemie und Biochemie der Universität Bonn zeigen, dass die sogenannte SAVED-Domäne der CalpL-Protease eine Ring-Nuklease-Aktivität besitzt, die cA4 spaltet. „Das Protein beinhaltet also so etwas wie einen molekularen Timer, der die Immunreaktion abschaltet. Durch den Abbau von cA4 in lineare Bruchstücke wird die Dauer der Immunantwort reguliert, was eine kontrollierte Rückkehr der Zelle zu normalen Bedingungen ermöglicht“, sagt Binder.
Eine schaltbare Protease wie CalpL ist auch für biotechnologische Anwendungen von großem Interesse. Sie könnte zum Beispiel als molekularer Sensor eingesetzt werden. „Allerdings ist die von uns jetzt neu entdeckte Ring-Nuklease-Aktivität für solche Zwecke eher hinderlich“, sagt PD Dr. Hagelueken. „In unserer Studie konnten wir aber auch zeigen, wie man die Ring-Nuklease-Aktivität gezielt hemmen kann, so dass sich der Sensor nicht von selbst wieder abschaltet.“