Herr To Vinh, worüber freuen Sie sich am meisten, wenn sie auf das erste Jahr 3R-Kompetenznetzwerk zurückblicken?
Als wir das Netzwerk gestartet haben, war es ungewiss, wie es angenommen wird. Der Kick-Off 2022 in Bonn war zwar ein Erfolg, aber wie würde das im Alltag aussehen? Wir haben festgestellt: Das Netzwerk füllt eine Lücke, die Thematik 3R – replace (ersetzen), reduce (verringern), refine (verbessern) - ist superwichtig. Auch wenn wir uns mit Forschenden und anderen Netzwerken zu 3R austauschen, erhalten wir viel positives Feedback. Es ist schön zu sehen, dass alle an einem Strang ziehen.
Vor einem Jahr hat das Netzwerk seine Arbeit aufgenommen. Mit Blick auf den Standort Bonn: Was ist ein Highlight?
Wir haben Aktivitäten im Wissenschaftsmanagement, Netzwerken, Bildung und Kommunikation aufgebaut. Als besonders erfolgreich hat sich das monatliche Online-Kompetenzkolloquium erwiesen. Es wird wahnsinnig gut angenommen – wir haben durchschnittlich 400 Teilnehmende. Und das nicht nur aus NRW und Deutschland, sondern auch aus Belgien und der Schweiz. Hintergrund ist, dass alle Forschende, die mit Tierversuchen arbeiten, jährlich verpflichtet sind Fortbildungsstunden wahrnehmen zu müssen. Das 3R-Netzwerk hat den Zugang erleichtert – auch indem es andere Angebote zentral auf seiner Website gesammelt hat.
In dem Kolloquium vermitteln unsere eingeladenen Expertinnen und Experten Informationen zu verschiedenen Themenfelder Im Forschungsbereich werden alternative Methoden zu Tierversuchen vorgestellt bzw. neuste Fortschritte auf diesen Gebieten. In der Tierversuchskunde geht es zum Beispiel darum zu schauen, wie die Haltung der Tiere weiter verbessert werden kann. Aber auch juristische, ethische und statistische Fragenstellungen rund um Tierversuche werden in Vorträgen behandelt.
Zudem haben wir ein Symposium zu Organoiden veranstaltet, um über diese alternative Methode zu informieren, ihre Möglichkeiten aber auch Grenzen aufzuzeigen. Organoide sind künstlich erzeugte Gewebestrukturen, die Organen oder Geweben ähneln. Mit ihrer Hilfe können inzwischen bestimmte Krankheitsmechanismen untersucht und so Tierversuche vermieden werden.
Was sind die nächsten Schritte?
Wir möchten unser Veranstaltungsangebot weiter ausbauen und dabei auch den Punkt „Refinement“ in den Fokus nehmen: Dort, wo wir Tierversuche noch nicht vermeiden können, weil die alternativen Methoden dazu noch fehlen, strebt die Wissenschaft danach, zumindest das Wohl der Tiere zu maximieren. Dabei fließen zum Beispiel neue Erkenntnisse zum Umgang mit den Tieren ein. Mäuse sind beispielsweise weniger gestresst, wenn sie nicht direkt angefasst werden, sondern mithilfe von Schalen umgesetzt werden.