Geboren 1930 in Lodz, im heutigen Polen, wuchs Stoeckel in einer Zeit auf, die vor allem von Konflikten und Schmerz geprägt war. Vielleicht war diese frühe Erfahrung auch seine Motivation dafür, sein gesamtes berufliches Leben der Linderung des Schmerzes zu widmen. Klar ist jedoch, dass ihn die noch relativ junge Disziplin der Anästhesiologie bereits zu Beginn seines Studiums der Medizin an der Humboldt-Universität in Berlin faszinierte. Damals war die erste erfolgreiche und wissenschaftlich dokumentierte Narkose mit Hilfe eines in Äther getränkten Schwammes rund 100 Jahre her und die Anästhesiologie steckte als Unterdisziplin der Chirurgie noch immer in ihren Kinderschuhen.
Auch wenn zu diesem Zeitpunkt für Stoeckel die Richtung seiner zukünftigen Karriere bereits klar war, so blieben ihm die dazu notwendigen Schritte in damaligen Ostdeutschland verwehrt. Dieser Umstand sowie die zunehmende Eingrenzung der DDR durch den Mauerbau 1961 stärkten schließlich seinen Entschluss Ost-Berlin zu verlassen und nach Heidelberg zu gehen. Hier entwickelte er schnell aus seiner Faszination für das Fach der Narkose und Schmerzbehandlung seine persönliche Berufung. So erwarb er binnen kurzer Zeit die Facharztanerkennung und wurde bald darauf zum Oberarzt ernannt. 1974 folgte schließlich auch seine akademische Berufung auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Anästhesiologie verbunden mit der Übernahme der Direktion des Instituts für Anästhesiologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Hierdurch rückte auch der wissenschaftliche Aspekt dieser Disziplin mehr und mehr ins Zentrum seiner Tätigkeit.
Früh erkannte Stoeckel, dass trotz bereits bestehender guter Narkosepräparate die ungenaue Dosierung der Medikamente, zumeist basierend auf Schätz- oder Richtwerten, eine vermeidbare Gefahr für die Patient*innen darstellte. Daher bestand sein Hauptbestreben in der Erarbeitung von wissenschaftlich begründeten optimierten Dosierungsstrategien. Hierbei durchbrach er bereits in den 70er Jahren die thematischen Grenzen der Medizin und rekrutierte für sein Forschungsvorhaben Physiker und Chemiker. Gemeinsam gelang es diesem interdisziplinären Team ein Verfahren für die selbstständige und personalisierte Steuerung der Narkose zu entwickeln. Dabei machten sie sich insbesondere den physiologischen Parameter EEG der Patient*innen zur Bestimmung der Narkosetiefe sowie zu Nutzen und setzten hochmoderne, mikroprozessorgesteuerte Infusionspumpen für die Applikation der Anästhetika ein.
Während seiner wissenschaftlichen Laufbahn publizierte Stoeckel 280 wissenschaftliche Artikel in Fachzeitschriften und hielt über 100 Vorträge in 30 Ländern. Für seine Leistungen erhielt er Ehrenmitgliedschaften in zahlreichen internationalen Gesellschaften für Anästhesiologie sowie Ehrendoktorwürden durch die Humboldt-Universität Berlin und die Medizinischen Akademie Lodz. 1992 wurde ihm zudem der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Doch nicht nur in der Wissenschaft setzte Stoeckel Meilensteine. Auch lokal hinterließ er mit seinem geschickten und visionären Handeln markante Spuren. So richtete er auf dem Venusberg eine Schmerzambulanz und eine Poliklinik für Anästhesiologie ein und steuerte als Dekan von 1981 bis 1982 auch die Entwicklung der Bonner Universitätsmedizin. Nach seiner Emeritierung 1995 widmete er sich schließlich voll und ganz der Historie seines Fach und gründete das nach ihm benannte Museum für die Geschichte der Anästhesiologie. 20 Jahre lang konnten die Besucher*innen sich dort ein Bild über den Ursprung des Faches machen. Anhand von hunderten, akribisch zusammengetragenen und mit Leidenschaft wieder hergerichteten Exponaten ließen sich so die wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungsschritte von Paracelsius bis zur Neuzeit nachvollziehen. Ebenso hat Stoeckel bis zuletzt mit hohem Engagement in der Arbeitsgemeinschaft der Universitätsmuseen mitgewirkt.
Zuletzt wurde das Museum als Stoeckels Lebenswerk digitalisiert und als virtueller Rundgang in deutscher und englischer Sprache weltweit und dauerhaft zugänglich gemacht. Eng mit dem Museum soll so auch das Andenken an diesen außergewöhnlichen Arzt, Wissenschaftler und Historiker dauerhaft bewahrt werden.
Unser Mitgefühl gilt seiner Ehefrau Karin Stoeckel und seiner Tochter Nicole Stoeckel.